Am
nächsten Morgen war ich zuerst desorientiert, bis mein Blick auf dem Polster
des Ebenfallssofas landete, auf dem ich die Nacht verbracht hatte. Im Bett
keine zwei Meter entfernt schnarchte meine Oma vor sich hin und ein Zipfel
ihres geblümten Nachthemds hing unter der dicken Bettdecke hervor.
Phoenix‘
Seite des Bettes war leer. Nachdem ich mich angezogen hatte, fand ich sie unten
im Schankraum, wo sie ein ausgiebiges Frühstück genoss. Da es auch Toastbrot
und Nutella gab, sprach nichts dagegen, dass ich mich dazusetzte. Die
Eingangstür sah aus als wäre sie heute schon mindestens einmal aufgeschossen
worden.
Eine
Weile später wankte Blue schlaftrunken nach unten, seine blauen Haare in alle
Himmelsrichtungen abstehend. Auf seiner viel zu großen Nase thronte eine
Brille.
„Hey,
die hattest du aber gestern noch nicht auf!“, begrüßte ich ihn.
„Kontaktlinsen“,
nuschelte er, gähnte und ließ sich auf einen der Stühle plumpsen. Dann begann
er sich ein Croissant mit Marmelade zu bestreichen, auch wenn ich keine Ahnung
hatte wie er das anstellte. Er schaffte es nämlich dabei seine Augen fast
vollständig geschlossen zu halten.
Meine
Oma war das Gegenteil von Blue als sie nach unten kam. Sie hatte ihr
Blumennachthemd gegen eine nicht minder bunte Bluse in Lila- und Gelbtönen
eingetauscht und bestrich sich fröhlich summend ein Brötchen.
„Kann
die bitte wer abstellen?“, grummelte Blue.
„Ach
papperlapapp. Was du brauchst ist ein vernünftiger Kaffee!“, beschloss meine
Oma und schenkte ihm eine großzügige Tasse ein.
Nach
ein paar Schlucken schien es ihm tatsächlich etwas besser zu gehen. Soviel
besser zumindest, dass wir den weiteren Tagesablauf besprechen konnte, ohne dass
er uns an die Gurgel ging.
Irgendwann
ging das Gespräch darin über was für Liebesgeschichten man in seinen letzten
NaNos eingebaut hatte. Da konnte ich nicht mitreden und Blue beteuerte, dass er
Liebesgeschichten verabscheue und noch nie eine eingebaut habe. Er ließ sich
die beiden einfach unterhalten und genoss derweil seinen Affe…
„Moment,
wo ist mein Kaffee?!“, schrie er und starrte auf den Affen, der sich plötzlich
auf seiner Untertasse räkelte.
„Oh,
du hast eine von denen erwischt.“ Der Wirt war gerade dabei gewesen ein
zusätzliches Scharnier an der Tür anzubringen als er den Affen auf Blues Teller
bemerkte. „Einige dieser Kaffeetassen verwandeln sich gern in Affen. Oder
Asseln. Du hattest noch Glück, würde ich sagen.“
„Und
was soll ich jetzt mit dem Vieh machen?“
„Totenklopfäffchen.“
„Was?“
Blue starrte Phoenix entgeistert an.
„Das
ist ein Totenklopfäffchen. Es klopft auf Tote.“
„Super“,
fauchte er. „Ich wiederhole: Was soll ich mit dem Vieh?“
„Also
hierbleiben kann es jedenfalls nicht“, meinte der Wirt stirnrunzelnd. „Das
verscheucht mir die Gäste.“
„Ach
nee.“ Blue starrte angewidert auf das, was einmal sein Kaffee gewesen war und
ihn nun aus großen Augen ansah. „Bah.“
„Dann
müssen wir ihn wohl mitnehmen“, seufzte Phoenix. „Pack ihn doch einfach in die
vordere Tasche deines Rucksacks, Blue.“
„Ich
soll was?“
„Vielleicht
finden wir ja unterwegs jemanden, der ihn uns abnimmt.“
Notgedrungen
kam der Affe mit. Ich fand ihn ja eigentlich ganz niedlich, mit den schwarzen
Knopfaugen und den ebenso schwarzen Totenköpfen, die sich als Muster in seinem
Fell abzeichneten.
Direkt
nach dem Frühstück ging es los. Jeder trug seinen Rucksack, außer meiner Oma,
deren Sachen sich in meinem befanden. Sie hatte nur ihre große, schwarze
Handtasche und ihren Regenschirm dabei, mit der Begründung „man kann ja nie
wissen wie das Wetter wird“.
Direkt
vor der Drachenschenke fiel mir allerdings eine große Fläche auf, die mir
seltsam vorkam. Sie löchelte.
„Was
ist das da?“
„Geh
da besser nicht zu nah ran“, erklärte Phoenix. „Das ist das Morgenloch. Die
Leute aus der Schenke versuchen seit Jahren es zuschütten zu lassen, aber es
scheint bodenlos zu sein.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Außer morgens. Da
sieht man den Boden. Aber alles, was man reinwirft, verschwindet spätestens
mittags wieder. Das Morgenloch eben.“
Ich
war versucht mir ein Seil umzubinden und Blue zu bitten mich zu halten, um zu
sehen ob man gerade den Boden erkennen konnte. Die anderen waren jedoch schon
weitergegangen und so schloss ich mich notgedrungen an. Außerdem war ich mir
nicht sicher, ob Blue mich nicht als Scherz fallen lassen würde.
„Warum
gehen wir eigentlich erst zum Sonnenschrein? Wollten wir nicht zum Kloster der
Wunder?“ Ich hielt dem Affen, der aus dem Rucksack lugte, ein Stück Toast hin,
das ich als Wegzehrung mitgenommen hatte. Gierig verschlang er es. „Kaffee ist
doch ein guter Name.“
„Häh?“
Blue schielte auf den Affen, den er so bestimmt nicht sehen konnte.
„Naja,
er braucht doch einen Namen.“
„Vergiss
es. Den werden wir bei der nächsten Gelegenheit los!“
„Dann
warum der Sonnenschrein?“
„Beten
hat noch nie geschadet“, war seine Antwort. „Außerdem liegt es auf dem Weg.“
Was
noch auf dem Weg lag waren jede Menge neue Geschöpfe mit seltsamen Namen. Am
besten gefiel mir das Buchstabenzusammenwürfelgnu, das unheimlich wichtig für
den NaNo sein musste, da es neue Wörter erschuf. Gefährlicher hingegen war das
Rasiermesserschaf. Die Wolle war… nun ja, sehr kratzig. Sie wurde, wie mir Blue
berichten konnte, zur Waffenproduktion genutzt. Der Job die zu züchten war aus
naheliegenden Gründen unheimlich gefährlich und die meisten Schäfer waren froh
noch mehr als fünf Finger insgesamt zu haben – was fürs Schreiben wohl eher
kontraproduktiv war.
Um
die Mittagszeit herum erreichten wir den Sonnenschrein. Der war, wie meine Oma
mir in Schreibstadt erzählt hatte, der Ort, an dem sich die Kaffeequelle befand.
Das fand vor allem Blue gut, da sich sein Morgenkaffee ja in einen Affen
verwandelt hatte.
„Zu
was für Göttern betet man im NaNo-Land denn?“
Ich
musterte den Tempel, den wir immer näher kamen. Wieder waren Säulen zu erkennen
und ich fragte mich langsam, ob das Pilzizeigebäude, das Gemeindehau und der
Sonnenschrein denselben Architekten gehabt hatten.
„Entweder
zu einem Gott, dem die Krieche verpflichtet ist, oder den Göttern des
NaNo-Landes. Und das sind ewig viele. Dieser Tempel ist vor allem für den
Sonnengott, die Kreisgöttin und die Göttin der flinken Finger.“
„Kreisgöttin?“
„Ja.
Die ist zuständig für geometrische Figuren und kann nur durch kugelrunde
Gegenstände besänftigt werden. Wenn sie sauer ist, läuft nämlich nichts mehr
rund.“ Blue, der nach seinem Besuch bei der Kaffeequelle erheblich bessere
Laune hatte, gab Kaffee, dem Affen, ein Stück Brot nach hinten. „Und warum wir
zur Göttin der flinken Finger beten kannst du dir ja denken.“
Tatsächlich
wurden wir bereits erwartet. Am Tempeleingang warteten ein Priester und eine
Priesterin auf uns.
„Der
Sonnengott hat uns berichtet, dass ihr kommen werdet. Helden, die das NaNo-Land
vor den Plotbunnys retten wollen“, sagte die Priesterin.
Die
weiße Robe, die sie trug und auf die ein Sonnenzeichen gemalt war, blendete
mich im hellen Sonnenlicht. Tatsächlich war es ein erstaunlich guter Tag für
Anfang Oktober. Moment… hatte sich die Robe gerade bewegt?
Ich
rieb mir die Augen – nur um zu sehen, dass mich ein Augenpaar aus den Falten
der Robe anschaute. Sie waren groß und rund und fast schwarz; beinah erinnerten
sie mich an die Augen der Plotbunnys.
„Was
zum…“
Die
Robe bewegte sich wieder und auf einer Seite entdeckte ich ein paar Flossen,
die nahtlos in den Stoff übergingen. Nur war das kein Stoff und das war keine
Robe. Das war eine lebendige Robbe!
„Entschuldigen
Sie… tragen Sie da eine Robbe?“ Ich
konnte mich nicht zurückhalten und deutete auf das was ich bis vor Kurzem noch
für ein Kleidungsstück gehalten hatte.
„Natürlich.
Das ist eine heilige Robbe der Sheba, Göttin der flinken Finger. Es sind
magische Robben, die, als Robe getragen, dem Träger Glück und Erfolg bringen.
Und flinke Finger natürlich.“ Die Priesterin kraulte die Robbe unterm Kinn, die
daraufhin ein zufriedenes „Oi, oi, oi“ hören ließ. „Außerdem sind es vollkommen
bisssichere Wesen, was äußerst praktisch ist wenn man Vampiren über den Weg
läuft.“
Auch
der Priester streichelte das, was keine Robe, sondern eine grau-melierte Robbe
war. „Kommt herein. Dieser Teil des Tempels gehört der Göttin Sheba.“
Es
wurde sofort klar warum. An allen Wänden waren Zeichnungen von Robben in alle
Farben zu sehen, einige davon als Robe getragen, andere in ihrem natürlichen
Lebensraum. Der ganze Tempel war bestückt mit Fanfähnchen und Elendsteinen,
die, so die Priesterin, hässliche, unansehnliche Verwandte des Edelsteins waren
und als Symbol peinlicher Tippfehler gehandelt wurden.
Ich
sah mich um und beobachtete die anderen dabei wie sie Opfer darbrachten und um
Glück baten. Dabei wäre ich mir eher komisch vorgekommen, da ich genau heute
von der Existenz der Götter erfahren hatte. Wobei ich an die Existenz besagter
Götter noch nicht ganz glauben mochte. Die Priester schien das nicht zu stören,
denn sie ließen mich den Tempel erkunden. Als wir gehen wollten, kam jedoch die
größte Überraschung.
„Nehmt
diese heiligen magischen Robben. Wenn euer Auftrag erfüllt ist werden sie von
allein zu uns zurückkehren. Bis dahin werden sie euch Glück bescheren und euch
warm halten.“ Die Priesterin verneigte sich und Tempeldiener hielten jedem von
uns eine Robbe hin.
Mein
Tier war ein grau-blaues Geschöpf mit einem fast unsichtbaren Muster auf der
Haut. Es grunzte erfreut als ich es in den Arm nahm und formte sich sofort zu
einer Robe, die mir perfekt passte. Es war ein befremdliches Gefühl seine
Kleidung atmen zu spüren.
Meine
Oma hatte eine schneeweiße Robbe bekommen, die sehr gut zu ihrer wieder einmal
lilanen Kleidung passte. Phoenix‘ Robbe war eher graustichig, genau wie die
Regenjacke die sie vorher getragen hatte. Wobei sie steif und fest behauptete
es handle sich bei dem Material, aus dem die Jacke gemacht war, um Drachenhaut.
Blue hatte seine schwarze Robbe über dem Arm liegen, weil er meinte, in der
Sonne würde ihm darin zu warm werden.
„Als
Priester könnt ihr mir doch bestimmt ein Schutzomelette überlassen“, meinte er.
Phoenix
sah ihn missbilligend an. „Wir haben gerade heilige Robben bekommen!“
„Aber
die kann man nicht essen. Und ich habe Hunger!“ Schmollend streichelte er
Kaffee, der neugierig die Robbe inspizierte. Diese stieß daraufhin ein lautes
„Oi!“ aus und schnappte nach dem Totenkopfäffchen.
Nachdem
klar wurde, dass zwischen den beiden wohl nie eine Freundschaft entstehen
würde, zog das Totenklopfäffchen in meinen Rucksack um. Zumindest meine Robbe
hatte anscheinend nichts dagegen.
Elendsteine ... für peinliche Tippfehler ... im Tempel der Göttin Sheba. *japs* *Tränen lacht* Und ROBBEN. Oh, ich liebe die Robben <3
AntwortenLöschenWie du siehst, hole ich jetzt fleißig auf :D
(Zitat) „Der Sonnengott hat uns berichtet, dass ihr kommen werdet. Helden, die das NaNo-Land vor den Plotbunnys retten wollen“, sagte die Priestetin.
AntwortenLöschenIch walte mal wieder meines Amtes <.< Ein Affe aus dem Kaffe, das Rassiermesserschaf und die Robben herrlich XD Zweiteres wär doch ein Job für dich Kim... du schreibst doch eh nicht mit dem 10-Finger-System.
Und in dem Fall wirklich Göttin Sheba ^^
Die Priestetin hört sich fast nach etwas an, das in Band 2 zu gebrauchen wäre. Eine Mischung aus Priesterin und Pastete... interessant... xD
LöschenAber den Rest davon brauche ich zum Orgelspielen, schon vergessen? ^^
Und schon ist ein neuer Fehler geboren... in der Fehlgergeschichte entstanden. Herrlich XD
LöschenAh sorry <.< Hatte ich schon wieder vergessen ^^
Die Roben aus Robben sind ja herzig :D
AntwortenLöschenUnd Omelette fände ich auch vieeel toller als komische Amulette :D