Montag, 17. November 2014

17. Kapitel

Vor der Kajüte erwartete uns eine Piratin. An ihrem Kleidungsstil erkannte ich, dass sie vermutlich die Kleidungsstücke für Phoenix gelassen hatte. Sie führte uns über das ganze Schiff und zeigte uns wo sich was befand. Vor allem die Schlafräume waren wichtig. Außerdem erzählt sie uns nebenbei, dass sie ihre funkelbraunen Haare und Augen von ihrer Mutter geerbt hatte, einer berüchtigten Piratin des Wörtermehrs.
Auf unserem Rundgang sahen wir außerdem eine Menge anderer Plotbunnys. Ein Matrose hielt sich ein Piratenbunny mit Augenklappe und Holzbein, das Bunny seines Kameraden spie Feuer. Ein Dritter versuchte ein rosa Bunny mit einem herzförmigen Fleck auf dem Hintern vor uns zu verstecken. Da musste selbst ich mit meiner miesen Laune mir ein Grinsen verkneifen.
Der Teil unserer Führung, der Blue am meisten beeindruckte – im negativen Sinne – war die Küche. Als der Smutje ihm ein Messer hinhielt und meinte „du kannst mir helfen die Pantoffeln zu schälen“ war er geschockt.
„Pantoffeln?“
„Jawohl, Salzpantoffeln mit Würstchen!“, meinte der Smutje enthusiastisch.
Dann begann er sich am Bein zu kratzen und entblößte dabei rot-gelD-orange geeringelte Socken.
„Wozu sind die?“ Blue schien ernsthaft überlegt zu haben, ob er diese Frage stellen wollte. Es war fast als vermute er, die Socken könnten der Nachtisch werden.
„Na die bringen Glück!“
„Auf diesem Schiff esse ich nichts“, raunte Blue mir zu sobald wir die Schiffsküche verlassen hatten. „Und hast du die Socken gesehen? Ich dachte fast die… au!“
Blue fuhr erschrocken zurück, denn jemand hatte ihm eine Forelle an den Kopf geklatscht.
„Was soll denn das?!“
„Das war ein Trout Smiley“, erklärte der ältere Pirat. „Den bekommt man für blöde Kommentare.“
Zumindest mir war klar, dass Blue während seines Aufenthalts auf dem Schiff noch öfter Kontakt mit dem Trout Smiley haben würde. Er selbst rieb sich jedoch weiter den Kopf und beschwerte sich über unangemessene Bestrafung.
Als wir zurück an Deck kamen, zog gerade ein Pirat ein riesiges Netz voller Krabben aus dem Mehr.
„Wir räubern nicht nur. Manchmal fangen wir auch einfach Fische oder Krabben. Die hier sind eine besondere Spezies. Seht ihr?“ Er deutete auf eine der Krabben, die sich aus dem Netz befreit hatte. „Das ist eine traurige Krabbe.“
njojn
„Häh?“ Blue legte den Kopf schief als könnte er damit besser erkennen was der Pirat meinte. Ich hatte da so eine Ahnung.
„Na die sieht aus als würde sie weinen. Die n außen sind die Scheren, das o ist der Mund und die beiden j sind Augen und Tränen. Das sieht man doch!“
Der Pirat sah mich begeistert an und schüttete eine weitere Ladung trauriger Krabben aufs Decke in eine Wanne.
njojn  njojn  njojn  njojn  njojn  njojn njojn  njojn  njojn  njojn  njojn  njojn
„Kannst du mir auch sagen was das hier für eine ist?“
Aus demselben Netz zog er eine nivin.
„Krabbenquiz! Das ist eine glückliche Krabbe!“ Das begann mir Spaß zu machen. Obwohl mir die Krabben ein wenig leid taten.
„Und die hier?“
Yivin  >-ivi-<  nîvin
Ich identifizierte nach einigen Versuchen eine winkende Krabbe, eine Krabbenumarmung und eine zwinkernde Krabbe. Blue sah immer noch aus als sähe er nur Wörtemehr.
„Na das erklärt warum das Ding Wörtermehr heißt! Es ist wie eine einzige Buchstabensuppe und was zusammenhängt wird zum Wort. Mehr Wörter eben.“
„Die Krabben nicht unbedingt. Die sind aus der Region Österreich eingewandert und haben sich im Wörtermehr niedergelassen. Die zieht man jetzt an jeder Ecke raus.“ Und mit diesen Worten holte er ein weiteres Netz an Land. Ich hatte die leise Hoffnung, dass wir aus der Pantoffelsache noch herauskommen würden und stattdessen traurige Krabbe vorgesetzt bekommen würden.
„Sag mal…“ Mir war schon vor einiger Zeit ein Pirat aufgefallen, der anscheinend gerade Pause hatte und an der Reling lehnte. „Weißt du was mit dem passiert ist?“, fragte ich den Krabbenfischer.
Der Pirat sah von hinten ganz normal aus, doch sobald man ihn von der Seite oder von vorne betrachtete, war es aus mit dem normalen Erscheinungsbild. Seine langen, haselnussbraunen Augen wehten hinter ihm her. Sie saßen auf Tentakeln und wurden bei jeder Windböe bewegt.
„Roger hatte mal einen One-night-stand mit einer Hexe aus der Fantasy-Gegend. Ist nicht sonderlich gut ausgegangen.“
„Und warum nennt sich Lurz Kapitätän und nicht einfach Kapitän?“ Wenn ich schon mal Fragen beantwortet bekam, würde ich das ausnutzen.
„Wir hatten mal einen Stotterer an Bord, einen ehemaligen Bauerer. Das Wort Kapitätän hat Lurz so gut gefallen, dass er sich seitdem nur noch so nennt.“
Das zweite Mal, dass Blue etwas an den Kopf geworfen bekam, war es weder ein Wort, noch eine Forelle. Er hatte gerade einen blöden Kommentar über den Kerl mit den Tentakelaugen fallen lassen, da traf ihn ein böser Block von hinten.
„Au! Warum werfen hier alle mit irgendwas rum?“
Ich gab dem Piraten, der den bösen Block geworfen hatte ein thumbs up. Vielleicht würde Blue ausgerechnet auf einem Piratenschiff noch Manieren lernen.
Was mich am meisten faszinierte waren weder der Tentakelpirat noch die Schiffsküche. Als ich einmal das Schiffsklo aufsuchte, fielen mir sofort die Fließen an der Wand auf. Sie gingen ineinander über und die Farben von der einen Fliese flossen in die nächste über. Es war ein sich ständig veränderndes Bild. Was so etwas Schönes ausgerechnet auf einer Toilette verloren hatte war mir ein Rätsel.
Den zweiten Platz der Wunder des Piratenschiffs war die Art und Weise wie Seesäcke befördert wurden. Das Prinzip erinnerte leicht an die Posteulen bei Harry Potter, denn die Seesäcke wurden an herabhängende Tauben gebunden und nacheinander hochgezogen. Wie sie die Tauben dazu brachten diese Arbeit zu verrichten wollte mir allerdings niemand sagen. Die Erklärung war, dass sonst jeder Tauben verwenden würde.
Normalerweise war ich ein Verfechter des Sprichworts „Aller guten Dinge sind drei“, doch selbst ich musste zugeben, dass drei Schläge auf den Hinterkopf das Denkvermögen wohl eher senken als erhöhen würden. Deshalb sprang ich schnell dazwischen bevor einer der Piraten Blue mit seiner Sarkasmus-Kaule erwischen konnte. Die kaulquappenförmige Keule hätte ihn bestimmt ins Reich der Träume geschickt. Dafür bat ich den Piraten von vorhin ihn noch einmal mit einem bösen Block zu bedenken.
Am Ende des Tages musste ich zugeben, dass ich mich bisher an keinem Platz im NaNo-Land so wohl gefühlt hatte. Nicht nur, dass ich momentan weniger gut auf Blue zu sprechen war, weil er die armen Plotbunnys so verabscheute und er endlich auf diesem Schiff ein paar Lektionen in Höflichkeit und Umgangsformen lernte (ganz zu schweigen davon, dass es zum Abendessen tatsächlich Salzpantoffeln gegeben hatte – die besser geschmeckt hatten als man dachte), nein. Auch die frische Seeluft tat gut, die Piraten waren nett und der Piratenkapitätän war endlich jemand, der keine Vorurteile gegenüber Plotbunnys hatte. Außerdem hatte er einen Narren an meiner Oma gefressen.
Die lag schon seit geraumer Zeit im Bett – wobei Lurz ihr übrigens sein eigenes Bett zur Verfügung gestellt hatte – und schlief den Schnarch der Gerechten. Als er das erste Mal das laute Grunzen aus seiner Kajüte vernommen hatte, hatte er mich beeindruckt gefragt ob sie immer so laut schnarchte, dass er das Gefühl hatte sie zersäge sein gesamtes Schiff.
Ich hatte mich vor der Kajüte des Kapitätäns niedergelassen, den Kopf in Freundschafs weicher, mittlerweile wieder trockener Wolle eingebettet und beobachtete den Sonnenuntergang über dem Wörtermehr. Zu meinen Füßen krabbelte eine njojn herum und während das süß sägende Schnarchen meiner Oma durch die Tür hinter mir drang, begann eine Gruppe Seeläute Musik zu spielen. Sie ließ den Tag sprichwörtlich ausklingen.

2 Kommentare:

  1. Also, das Schiff find ich toll. Über das Wörtermehr würde ich auch gerne mal segeln =) Und Krabben fischen...

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  2. Die Krabben sind ja super XD Und im Gegensatz zu Blue behalte ich meine Kommentare im Leben immer lieber für mich <.< Das muss er noch lernen ^^

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