Es
war noch recht früh als wir unsere Reise antraten. Das erste Licht des Tages war
gerade über den Wipfeln des Waldes hinter der Drachenschenke zu sehen. Die
Sonne war gerade erst am aufgesehen und die Nasen liefen noch über die Felder.
„Was
zum Teufel sind das für Dinger?“, fragte ich Blue angeekelt.
„Nasen.“
„Nasen?!“
„Hab
ich doch gesagt. Ein fehlgeschlagenes Zauberexperiment, wenn ich mich recht
erinnere. Niemand weiß genau wie die sich fortpflanzen, aber mittlerweile sind
sie in dieser Ecke der Fantasygegend eine echte Plage.“
Ich
beobachtete eine Nase dabei wie sie mit ihrer Nasenspitze ein Nasenbaby
anstupste, um es zum Weiterlaufen zu bewegen. Das hier gehörte definitiv zu den
seltsamsten Sachen, die ich je gesehen hatte. Und in den letzten Tagen hatte
ich so einige seltsame Sachen erlebt.
„Wir
müssen zuerst in einer Taverne einkehren“, erklärte Blue. „Der Weg zum Schloss
des Könlings ist zu lang. Das wären eineinhalb Tagesritte. Also werden wir
vorher im Saubertrank einkehren.“
Saubertrank.
Aha. Entweder war da ein Z abhandengekommen, oder das Ding war verzaubert
worden – oder jemand hatte eine seltsame Art von Humor oder einen Putzfimmel.
Zu
unserer Rechten erhob sich nun eine Felswand, auf der anderen Seite war die
Wiese mit den Nasen. Weiter vorne hörte die Felswand auf und ging wieder in
einen Wald über, der, wie ich vermutete, zum selben Waldstück gehörte, das
direkt hinter der Drachenschenke begann.
Auf
einmal ertönten seltsame Geräusche. Es hörte sich an als würde jemand seine
Nase schnäuzen. Das Geräusch vervielfältigte sich und die Nasen auf der Wiese
stoben auseinander. Ein dunkler Schatten war zwischen ihnen aufgetaucht. Der
Schatten wurde größer bis ein riesiger Drache vom Himmel stieß. Unsere Pferde
scheuten und drängten sich näher an die Felswand.
Der
Drache schnappte nach einer der Nasen und erwischte sie an einem Nasenflügel.
Sie Nase wurde in die Luft geschleudert und verschwand mit einem letzten
Schnäuzer im Maul des Drachen. Seinen Kopf zum Himmel gerichtet spieh er eine
Wolke stinkenden Rauchs aus, die die Pferde, die sich immer noch verängstigt an
die Felswand drückten, in endgültige Panik versetzte. Sie machten sich daran zu
flehen.
„Nein!
Töte mich nicht! Ich bin immer ein braves Pferd gewesen, versprochen! Bitte!
Bihhittteee!!!“
„Warum
zum Teufel können unsere Pferde sprechen?!“, schrie ich Blue über das Flehen
und Betteln unserer Reittiere zu.
„Fantasygegend“,
erwiderte er nur während er versuchte sein Pferd zu zügeln. „Es sind schon
seltsamere Sachen passiert.“
Ah,
ich vergaß. Sowas wie Nasen zum Beispiel.
Das
Flehen der Pferde hatte den Drachen auf uns aufmerksam gemacht. Rauch strömte
aus seinen Nasenlöchern. Seine Krallen gruben sich tief in die weiche Wiese und
er hinterließ auf dem Boden klaffende Wunden aus Erde. Die Nasen hatten sich
zerstreut. Nur einige wenige Exemplare, die vermutlich verletzt waren, lagen
auf dem Boden. Ihre Nasenflügel bebten vor Angst. Der Drache hatte jedoch nur
Augen für uns.
„Ihr
beknackten Pferde! Wärt ihr einfach leise gewesen wäre nichts passiert!“,
schrie ich sie an. „Los, bewegt euch, bewegt euch!“
Ich
presste meine Füße enger an die Seite meines Tieres. Überhaupt auf die Idee mit
den Pferden gebracht hatte ich Phoenix als sie alle möglich Transportmittel des
NaNo-Landes aufgezählt hatte und ich ihr erzählt hatte das einzige womit ich
umgehen konnte seien Pferde. Ich war zwar seit zwei Jahren nicht mehr geritten,
aber davor hatte ich jede Woche Reitstunden gehabt.
„Los,
beweg deinen fetten Hintern!“
Der
Drache ließ erneut eine Rauchwolke zum Himmel steigen und zeigte seine Zähne.
Das brachte mein Pferd dann doch in Bewegung. Mit einem lauten Wiehern und
einem „Nein! Friss mich nicht! Friss mich nicht!“ begann es davonzugaloppieren.
Wenn wir es bis zum Wald schafften würde der Drache uns nicht folgen können.
Es
sei denn er riss den ganzen Wald nieder, was er vermutlich konnte. Aber
hoffentlich nicht wollte.
Das
Geräusch von Hufen hinter mir beruhigte mich, denn das bedeutete Blues Pferd
war uns auf den Fersen. Die Erleichterung war nur von kurzer Dauer, denn mein
dummes Vieh drehte gerade in Richtung Wiese ab.
„Bist
du bescheuert?“, brüllte ich ihm ins Ohr. „Wald! In den Wald! Keine offene
Fläche!“
Es
war so in Panik verfallen, dass es mich nicht einmal hörte. Ich zog am linken
Zügel und versuchte den Druck meiner Beine zu verstärken. Das Vieh wehrte sich
eine Weile, bis es nachgab und nun auf die Bäume zuhielt. Der Drache hatte
anscheinend bemerkt was wir vorhatten. Sein Brüllen erschütterte die Luft.
„Nicht
umdrehen“, murmelte ich. Nicht umdrehen nicht umdrehen nicht umdrehen nicht
umdrehen…
Denn
wenn ich mich umdrehte und einen riesigen Feuerstrahl sah der auf mich zuschoss
würde ich vor Angst vom Pferd fallen. Dann könnte ich nur hoffen, dass das Vieh
doch auf die Wiese lief und damit den Drachen von mir ablenkte.
„Der
Drache kommt näher!“, schrie Blue mit von hinten zu.
Aha.
Er hatte sich also umgedreht. Ich hingegen konzentrierte mich auf den rettenden
Waldesrand, der in greifbarer Nähe schien. Die ersten weit auseinanderstehenden
Bäume zogen zu beiden Seiten an mir vorbei. Jetzt bloß nicht gegen einen Ast
reiten. Weiter. Weiter!
Mein
Pferd raste ohne Rücksicht auf Verluste durch das dicke Buschwerk. Brombeeren,
schätzte ich. Die Ranken zerkratzten mir das Gesicht und alle Kleidung, die sie
erwischen konnten. Ich hoffte die Magie der Robbe beinhaltete auch Schnitte von
Brombeerranken aushalten zu können. In meiner Brusttasche zitterte Fluffles.
Das
Pferd rannte weiter, die Geräusche der Hufe jetzt gedämpft vom Waldboden. Blues
Fluchen hinter mir nach zu urteilen hatte auch er den Ritt durch die Hecke
größtenteils unbeschadet überstanden.
Der
Drache brüllte wieder. Ich sah nun doch hinter mich, konnte jedoch nur Hecke
und Bäume erkennen. Über uns waren Baumkronen, die glücklicherweise noch Blätter
trugen. Sie hatten erst in den letzten Tagen begonnen sich zu verfärben und
waren noch nicht abgefallen.
Ich
zügelte mein Pferd, das zuerst versuchte blind weiterzurennen, sich dann aber
meinem Kommando beugte. Wenn wir hier vor dem Drachen nicht sicher waren,
würden wir es ein paar Meter weiter im Wald auch nicht sein.
Schwer
atmend lehnte ich mich gegen einen Baumstamm. Das wütende Toben des Drachen
ertönte von jenseits des Waldes. Es hörte sich so an als hätte er gerade eine
der Nasen in der Luft zerrissen.
Blue
stieg neben mir von seinem Pferd ab und band es ebenfalls an einen Baum. Falls
die Viecher doch auf den Gedanken kamen ohne uns fortzulaufen, konnten sie sich
das abschminken.
„Phoenix
sollte ihr Geld zurückbekommen“, grummelte er. „Diese Viecher sind ja zu gar
nichts zu gebrauchen! Bei einem Wettbewerb im Drachenfliehen würden wir mit
denen hier in der Pferdeklasse sofort verlieren! Da wären wir in der Fußklasse
besser aufgehoben.“
Er
hatte wirklich nicht Unrecht, obwohl ich lieber nicht wissen wollte was er mit
dem Wettberwerb im Drachenfliehen meinte. Am liebsten hätte ich mein Pferd
gerade zurück durch das Gestrüpp geschubst und dem Drachen zum Essen serviert.
Dann hätten wir immerhin noch…
„Freundschaf!“,
schrie ich.
„Was?“
„Wo
ist Freundschaf! Das wird doch nicht da zurückgeblieben sein…“
Die
Geräusche des wütenden Drachen erklangen weiter und ich schluckte. Wenn
Freundschaf wegen der Pferde etwas passiert war, dann hatte wirklich ihr
letztes Stündlein geschlagen.
„Mäh“,
machte es plötzlich neben mir und ich sah auf Freundschaf herunter, das mich, seelenruhig
auf einem paar alter Blätter herumkauend, anblickte. Neben ihm stand außerdem
die kleine Nase, die wir vorher schon gesehen hatten. Sie drückte sich in
Freundschafs Pelz als hätte dieses ihr gerade das Leben gerettet.
Ich
fiel Freundschaf sofort um den Hals und vergrub mein Gesicht in seiner Wolle.
Irgendwie mochte ich dieses Schaf. Es hatte schon so viel mit uns erlebt. Dass
es jetzt von einem Drachen gefressen wurde wäre unschön.
Blue
hob die Nase mit einem Stirnrunzeln auf. Sie nieste ein paar Mal, doch konnte
sie Blue nicht entkommen. Vergeblich wedelte er sich Luft mit der Nase zu. „Ich
schwitze wie Sau“, kommentierte er das als ich ihn fragend ansah.
Nachdem
ich ihn dazu gebracht hatte die arme Babynase in Ruhe zu lassen, setzten wir
unseren Weg fort. Wir machten einen weiten Bogen um die Nasenwiese und den
Drachen. Ein ganzes Stück des Weges blieben wir im Wald und führten unsere
Pferde über Wurzeln und Steine. Erst als wir den Drachen nicht mehr hören
konnten wagten wir uns an den Waldesrand, blieben jedoch immer im Schutz der
Bäume. Laut Blue lag der Saubertrank sowieso am Wald, weshalb wir ihn nicht
verfehlen würden.
(Zitat) Der Drach schnappte nach einer der Nasen und erwischte sie an einem Nasenflügel.
AntwortenLöschenAh ja <.< Geht gleich weiter XD Drache in Fantasygegend ^^