„Guten
Morgen, Schafmütze“, begrüßte ich Blue sobald er die Augen aufschlug.
Einen
Moment lang blinzelte er verwirrt während er seinen Kopf abtastete, um zu sehen
warum ich ihn so geweckt hatte. Die Mütze war weiß und hatte auf der
Vorderseite das Gesicht eines Schafs mit einem Kleeblatt an der Seite. An den
Seiten hingen insgesamt vier Beine herunter, zwei auf dem Rücken und zwei, die
rechts und links von Blues Kopf auf seinem Shirt baumelten.
„Warum
habe ich eine Schafmütze auf?“, fragte er und riss sich das Ding vom Kopf. „Und
warum liege ich auf einem Pferd?“
„Deine
Ohren hatten angefangen zu wachsen und um sie daran zu hindern… naja.“ Ich
deutete auch die Schafmütze am Boden. „Und ich dachte Beine hochlegen hilft
vielleicht um den Zauber schneller vergehen zu lassen. Ich weiß nicht ob es
funktioniert hat. Aber deshalb das Pferd.“ Ich deutet auf das Pferd, das sich
mittlerweile aufgerappelt hatte und zum Grasen auf die Wiese trabte.
„Woher
hattest du die Schafmütze?“
„Die
hatte Oma mir eingepackt. Sie ist manchmal etwas überfürsorglich.“
Tatsächlich
war ich froh gewesen die Mütze zu finden als Blues Ohren langsam aber sicher
die Form von Eselsohren angenommen hatten. Das war gewesen nachdem Blue2
irgendwann mit einem Plopp verschwunden
war und ich gedachte hatte endlich schlafen zu können. Stattdessen hatte
natürlich sowas passieren müssen. Ich wollte gar nicht wissen wie ich
mittlerweile aussah und bereute es mittlerweile den armen Kellner in
Schreibstadt im Stillen immer Vampir genannt zu haben.
„Wo
sind wir?“ Blue sah sich verwirrt um. „Ich glaube ich leide an Schafstörungen“,
meinte er und rieb sich die Augen.
„Ich
dachte es wäre das Beste uns ein wenig vom Saubertrank wegzubekommen.
Spätestens wenn die ganzen Magier uns draußen gesehen hätten wäre irgendwas
passiert. Die waren ja alle total dicht. Also habe ich uns hierher gebracht.
Mich, Freundschaf, dich und deinen Doppelgänger.“
„Wo
ist der eigentlich?“
„Plopp“, erklärte ich nur.
„Gut.
Der Typ ist mir tierisch auf die Nerven gegangen“, stöhnte Blue und hielt sich
den Kopf. „Bin ich echt so nervig?“
„Die
Frage beantworte ich besser nicht. Komm, wir sollten los. Immerhin müssen wir
zum Könling. Du hast nicht vergessen, dass wir einen Auftrag zu erledigen
haben, oder?“
Ich
packte unsere Sachen zusammen während Blue sich immer noch den Kopf hielt. Gut
so. Das würde ihm hoffentlich eine Lehre sein irgendwelche Sachen zu trinken,
die einen angeblich in der Zeit reisen ließen.
Schon
bald waren wir wieder auf dem Weg. Beide hingen wir mehr über unseren Pferden,
als dass wir saßen. Blue, weil er den schlimmsten Hangover aller Zeiten hatte,
ich weil ich so müde war wie schon lange nicht mehr und sich anscheinend ein
Schnupfen ankündigte. Einzig Freundschaf war gut gelaunt, und mein Plotbunny.
Ich hatte die Zeit in der Nacht genutzt, um ihm ein wenig Wortsalat zu
schreiben. Außerdem hatte ich ein wenig vorgeschrieben, damit ich es
regelmäßiger füttern konnte.
Ich
begann zu niesen und hörte plötzlich ein leises Kichern in meinem Kopf.
„Hallo?“
„Was
ist?“, kam die Antwort von Blue.
„Nicht,
ich dachte nur. Hatschi!“ Das Lachen ertönte wieder. „Wer lacht da so blöd!“
„Oh,
ich glaube ich weiß was los ist.“ Blue grinste. „Du hast dir über Nacht wohl
einen leichten Spott eingefangen.“
„Was
ist ein – hatschi!“, nieste ich und mein Kopf fing schon wieder an zu scherzen.
Das dürfte doch nicht wahr sein!
„Das
ist eine Krankheit aus der Comedygegend. An der Grenze ist sie recht häufig
anzutreffen, vor allem wenn man viel gelacht hat. Hast du viel gelacht?“,
wollte er wissen.
„Nein.
Aber dein Doppelgänger. Also bist du Schuld, dass ich mir einen Spott
eingefangen habe! Hatschi!“, beendete ich den Satz und das Lachen erklang
wieder. „Na super. Wie lange muss ich jetzt damit rumlaufen?“
„Das
legt sich meistens nach einem Tag, keine Sorge. Pass nur auf, dass du niemandem
einen Schalg oder Schalk versetzte. So überträgt sich das nämlich.“
Wir
kamen an einem verfallenen Beifallsturm vorbei und Blue zügelte sein Pferd.
„Wir sind zu weit in der Comedygegend. Wir müssen zurück. Zeig doch mal die
Katze.“
Die
hatten wir ebenfalls von Oma und Phoenix mitbekommen, da sie zwei der Meinung
waren wir würden uns am ehesten verlaufen.
„Vergiss
es! Nachher kotzt du noch auf das arme Ding. Ich übernehme das.“
Ich
zog die Faltkatze aus meinem Rucksack und begann sie glattzustreichen. Blue streckte
die Hand nach der Katze aus, doch ich riss sie an mich.
„Zeig doch mal.“
„Nein!
Du schuldest mir immerhin was!“, rief ich wütend.
Ich
hielt die Katze hoch in die Luft, doch er war größer als ich und seine Finger
streiften die Katze. Also bestrafte ich den Versuch mit einem Schalg ins
Gesicht.
„Hey!
Was soll das denn?“ Ich holte zu einem weiteren Schalk aus, doch Blue hob die
Hände. „Ich ergebe mich! Man, Mädchen! Du hast sie nicht mehr alle!“
Grummelnd
ließ sich Blue zurück in den Sattel sinken während ich die Katze vor mir hielt.
„Wir
sind also beim Beifallsturm. Wenn wir nach Westen reiten sollte ein Dorf in
Sicht kommen. Von dort können wir dann weiter zum Könling reisen.“
Ich
faltete die Katze wieder zusammen und steckte sie in meinen Rucksack. Blue sah
mich wütend an.
„Beschwer
dich nicht! Ich habe gestern gleich zwei von dir an der Backe gehabt.“
Blues
Laune hob sich etwas als sich meine Vorhersage bewahrheitete und das Dorf in
Sicht kam. Es war recht groß, fast schon eine kleine Stadt.
„Vielleicht
gibt’s da was zu Essen!“
Blue
ließ sein Pferd im Trab gehen bis er die ersten Häuser des Dorfes hinter sich
gelassen hatte. Ich schloss schnell auf und sogar Freundschaf begann zu rennen,
um mitzuhalten. Ich stoppte mein Pferd allerdings als ich einen Aushang an
einem Scheunentor bemerkte.
„Mann
wird als Betrüber hingerichtet werden“, las ich. „Hey, das ist heute! In der
Comedygegend anscheinend.“
Des
Weiteren wurde ich informiert, dass heute ein Friedkicher-Tag war. In der
Beschreibung stand, es bedeutete, dass heute alle in Frieden kichern konnten.
Gut zu wissen. Dann war mein Spott wenigstens legal. Obwohl der in der letzten
Stunde langsam abgeklungen war.
Blue
hatte mich nicht gehört und ich würde bestimmt nicht fragen was ein Betrüber
war. Vielleicht jemand der Leute betrübt machte. In der Comedygegend war das
vermutlich ein schlimmes Verbrechen. Ein anderes Plakat am selben Scheunentor
pries die Vorteile der Witzenrente an.
„Hallo“,
hörte ich Blue zu jemandem sagen. Als ich mich umdrehte sah ich, dass er mit
einem kleinen Mädchen redete. „Kannst du mir vielleicht sagen wo es hier ein
Gasthaus gibt?“
Aber
sie sagte nichts, sie lächelte nur. Sie war echt, saß da und lächelte. Sie
lächelte ihn an und dieses Lächeln war ihm gewidmet. Das Lächeln, was sie
lächelte, war ein wahres Lächeln, wie sie es noch nie gelächelt hatte.
„Sag
mal, kann die auch aufhören zu lächeln?“, flüsterte Blue mir zu. „Ich finde das
langsam echt gruselig.“
Er
wartete noch einen Moment ob sie ihm eine Antwort geben würde, doch als sie nur
weiter lächelte wendete er das Pferd und ritt in die Richtung, in der auch ich
die Mitte des Dorfes vermutete. Der Turm einer Krieche ragte über den Dächern
auf, was immer ein guter Anhaltspunkt war.
Tatsächlich
fanden wir hier einige Läden. In einer Seitengasse standen außerdem Birnen und
warteten auf Kundschaft. Wie praktisch wenn sich das Obst selbst verkaufte! Wir
waren mittlerweile von den Pferden gestiegen und führten sie neben uns her. Blue
blieb am Fenster einer Bäckerei stehen.
„Ich
glaube hier hole ich mir was. Warte kurz hier.“
Er
war im Begriff mir die Zügel seines Pferdes in die Hand zu drücken, als sich
zwei Brote im Schaufenster in die Arme fielen. Oder in die Semmeln. In was auch
immer.
„Ich
leibe dich! Weißt du das?“, rief das eine.
„Ich
leibe dich auch. Schon seit langem!“
Dabei
schrien sie aus Laibeskräften und die anderen Gebäckstücke im Fenster sahen sie
befremdlich an.
„Vielleicht
hole ich mir doch lieber nichts…“
„Was
soll denn das jetzt heißen?“, beschwerten sich einige Muffins im Schaufenster.
„Nur weil die zwei Knallköppe da sich nicht zusammenreißen können willst du uns
andere auch nicht mehr? Frechheit! Auf ihn mit Gebrüll!“
Das
Gebäck startete seine Attacke, indem es als erstes die Schaufensterscheibe zu
Bruch gehen ließ. Eine Giraffe in einem Strickpullover, die auf der anderen
Straßenseite gestanden hatte, zuckte zusammen und rannte davon. Für uns war es
leider zu spät. Ich hatte ganz schön Muffinsausen, denn die Muffins sausten
gerade durch die Luft und landeten mit der Schokoladenseite nach oben in meinem
Gesicht.
„Waaaah!
Mach das weg, mach das weg!“, kreischte Blue.
Auch
ich war von Gebäck umschwärmt. Mit den Armen rudernd versuchte ich mich gegen
die Süßigkeiten zu verteidigen. Einige von ihnen zertrat ich unter meinen
Füßen. Über allem war das Rufen des Bäckers zu hören, der endlich bemerkt hatte
was seine Kreationen angefangen hatten.
„Was
macht ihr mit meinen Muffins! Nein!“
„Was
machen wir mit den Muffins? Eher was machen die mit uns! Die Dinger…“
Ich
konnte nicht weitersprechen, da einer der Muffins in meinem Mund gelandet war.
Ich begann zu kauen und aß den Muffin ganz einfach auf. So, das hatte er davon.
Und schmecken tat er auch ganz gut. Doch auf einmal spürte ich wie mir das Brot
in den Kopf schoss. Das Gebäck hatte aus einem Kuchenblech eine Art Rampe
gebaut, über die es nun einen Laib Brot nach dem anderen auf uns abfeuerte.
„Au.
Au! Aufhören!“
„Nein!“,
hörte ich plötzlich einen Schrei. „Ich leibe dich doch!“ Und eins der Brote
wegen denen alles angefangen hatte landete an meinem Kopf.
„Jetzt
reicht’s mir aber!“
Am
liebsten hätte ich sie alle abgemust, aber die Lebensmittel zu Mus zu
verarbeiten war erstens zu gut für die Mistdinger und dauerte zweitens zu
lange. Also griff ich in das Schaufenster hinein und riss den Gebäckstücken das
Blech aus der Hand… äh, oder mit was auch immer die das hielten.
Damit
schlug ich alle Muffins, die noch in der Luft herumsausten bis sie auf dem
Boden der Tatsachen ankamen. Wo sie dann prompt unter meinen Stiefeln
zerquetscht wurden. Das war nah genug an Mus. Dasselbe tat ich für Blue, der
ebenfalls von Gebäck belagert wurde, sogar noch mehr als ich, da er derjenige
war, der die Muffins verschmäht hatte.
Danach
war Blue allerdings kreideblech im Gesicht, denn mit dem Teil hatte ich ihm aus
Versehen einen Schlag verpasst. Da das mehlig gewesen war, sah er nun aus als
wäre er in eine Mehltüte oder eine Schachtel mit Kreide gefallen.
Das
Blech als Schild benutzend zogen wir uns zurück bis das Gebäck einen zu weiten
Weg zurücklegen musste um uns zu erreichen.
„Mein
schönes Gebäck!“, heulte der Bäcker, machte aber keine Anstalten uns zu folgen.
Unsere
Pferde hatten sich während der Muffinattacke losgerissen und standen am anderen
Ende des Platzes. Eins davon kaute auf etwas, das hoffentlich Brot und keine
Schokolade war.
„Einen
schlimmeren ersten Eindruck hätten wir wohl kaum machen können“, murmelte ich
und sah zu Blue hinüber.
Der
war von oben bis unten mit Schokolade bedeckt, da auch ihm die Muffins
ordentlich zugesetzt hatten. Die Beule auf der Stirn, die ich ihm mit der Feige
verpasst hatte, hatte neue Farben bekommen. Vermutlich hatte ihn dort ein Brot
getroffen.
„Was
machen wir denn jetzt? Ich will unbedingt etwas zu essen bekommen“; heulte er.
„Ehrlich?
Du kannst jetzt noch ans Essen denken? Ist in deinem Kopf eigentlich noch Platz
für was anderes?“, schrie ich ihn an.
Er
öffnete den Mund um mir zu antworten, doch stattdessen starrte er über meine
Schulter auf den Platz, den wir soeben überquert hatten. Eine Menschenmenge
hatte sich dort versammelt. Einige sahen noch auf das Chaos, das beim Bäcker angerichtet
worden war und den Bäcker selbst, der weinend zwischen seinen zertretenen
Muffins saß. Andere hatten uns entdeckt. Vollkommen beschmiert mit Schokolade.
Wir mussten sehr schuldig aussehen.
„O-oh.“
Knarrend
klappten sich die Leute auseinander.
„Und
was ist das jetzt wieder? Leute getarnt als Stühle?“
„Sowas
in der Richtung.“
Ich
starrte auf die Menschen – oder was auch immer es waren – deren Gliedmaßen sich
gerade streckten. Das Knarren klang in meinen Ohren und bohrte sich in mein
Gehirn.
„Und
was sollen wir tun?“, fragte ich Blue, der mit offenem Mund die Stuhlmenschen
beobachtete.
„Lauf!“
Doch
als wir uns umdrehten waren dort ebenfalls sich verformende Leute zu sehen.
Arme und Beine wurden länger, verknoteten sich oder verwuchsen. Die Leute waren
nicht einmal mehr als Menschen zu erkennen. Ich wich einen Schritt zurück, doch
hielt dann inne. Auf allen Seiten spielte sich dasselbe ab. Wir saßen in der
Klappmühle.
Die Comedy-Gegend ist ein ziemlich seltsames Pflaster... was mich daran erinnert warum ich in der Fantasy-Gegend zuhause bin.
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