Donnerstag, 6. November 2014

6. Kapitel



Wir rannten wieder. Allerdings hatte meine Oma wohl den größten Teil ihrer Kraft aufgebraucht, denn wir waren wesentlich langsamer als vorher. Ich wusste, dass sie mir mit „rette dich selbst“ kommen würde, wenn uns die Bunnys erneut einholten. Aber das konnte sie sich abschminken, soviel war mir jetzt schon klar.
„Bloß nicht in Panikgeraden!“, rief sie.
„Was? Ich bin nicht in Panik.“ Naja. Noch nicht. Das würde sich ändern, wenn ich das erste Bunny an meinem Fuß spürte.
„Nein, nicht in die Panikgeraden!“ Sie deutete auf ein Schild weiter vorne. Eine lange, gerade Straße führte vom Zentrum der Stadt weg. „In den Panikkurven können wir sie besser abschütteln!“
Das war dann wohl ein Teil der Stadt, den ich bei meiner Schreitour nicht gesehen hatte. Wir bogen in die kurvige, schmalere Straße ab. An einer Stelle gab es ein Eisentor, das ich hinter mir zuzog. Vielleicht konnte es die Bunnys zumindest ein paar Minuten aufhalten. Dann erinnerte ich mich an das Bunny, das Laserstrahlen aus seinen Augen schießen konnte. Naja, ein paar Sekunden waren auch nicht schlecht.
„Ich glaube das hat sie wirklich aufgehalten!“
Mit einem Blick nach hinten bestätigte sich was meine Oma gesagt hatte. Die Bunnys sammelten sich am Tor. Dann bogen wir um eine neue Panikkurve und die Hasen verschwanden aus meinem Sichtfeld. Anscheinend war das Laserbunny im Pilzizeigebäude zurückgeblieben.
Die letzten Panikkurven lagen vor uns, danach wären wir beinah zu Hause. Es war nur noch eine Straße zu überqueren, eine Tür aufzuschließen und die Treppenstufen nach oben. Also nur so gut wie unmöglich.
Hinter uns hörte ich das Eisentor quietschen; die Minute Vorsprung war aufgebraucht. Wie zogen uns gegenseitig voran, vorbei an den rot leuchtenden Straßenlaternen. Ob die nach so einem Alarm trotzdem in den Boden gefahren wurden, wenn es hell wurde?
Das Geräusch von hoppelnden Füßen hallte durch die enge Gasse. Wir erreichten die letzte Straße. Zwischen meinen Beinen spürte ich das erste bisschen Fell. Nicht runtersehen, nicht runtersehen, nicht runtersehen!
Neben mir zog Oma den Regenschirm. Mit einigen gezielten Schlägen auf die Bunnys verschwand das Gefühl von Fell an meinen Beinen. Ich stolperte auf die Haustür zu, zog…
„Abgeschlossen! Verdammt!“ Tränen der Wut und der Verzweiflung traten in meine Augen. So knapp vor dem Ziel.
„Hier!“
Etwas Silbernes flog durch die Luft auf mich zu. Ich konnte es gerade so greifen bevor es mich am Kopf traf.
Meine Oma hatte mit einem Griff in ihre schwarze Ledertasche den Haustürschlüssel herausgezogen. In der nächsten Bewegung verpasste sie schon wieder einem Bunny einen Schlag auf den Kopf. Durch die enge Gasse kamen jetzt mehr und mehr von den Viechern. Bestimmt zehn umringten meine Oma bereits und Verstärkung war unterwegs.
Ich brauchte mehrere Anläufe bis ich den Schlüssel mit zitternden Fingern ins Schloss bugsiert hatte. Dann drehte ich in die falsche Richtung. Hinter mir hörte ich das Geräusch das entstand wenn ein Regenschirm aufgespannt wurde. Mehrere dumpfe Aufprälle folgten als wären Wollknäule gegen Stoff gesprungen.
„Mia!“
„Ich hab’s! Ich hab’s!“
Die Tür gab nach und öffnete sich. Ich ließ sie einen Spalt weit auf, sodass meine Oma hindurch schlüpfen konnte. Der Regenschirm war wieder eingeklappt und wurde prompt dafür verwendet eins der Bunnys wie einen Golfball durch die Luft zu schleudern als es versuchte seinen Kopf hinter uns durch die Tür zu stecken.
Die Tür abzuschließen war leichter als sie zu öffnen. Vorsichtshalber lehnten wir uns beiden mit vollem Gewicht dagegen, um die Bunnys davon abzuhalten die Tür aufzuschieben. Mittlerweile würde ich es ihnen sogar zutrauen eine Klinke herunterzudrücken.
Das Klick des Schlosses war das beste Geräusch des ganzen Tages.
Doch es gab noch andere Geräusche. Ein Schaben und Kratzen auf der anderen Seite der Haustür erinnerte uns sofort daran, dass die Bunnys die Jagd noch nicht aufgegeben hatten. Sofort zogen wir uns weiter in die Wohnung zurück – nachdem wir vorsichtshalber noch den Schuhschrank, der sich im Flur unten befand, vor die Tür geschoben hatten. Hoffentlich wollte niemand aus den Wohnungen weiter unten ins Haus kommen; das würde sich jetzt als etwas schwieriger herausstellen.
Auch die Wohnungstür meiner Oma wurde verstärkt. Die Kommode unter dem Spiegel hatte die perfekte Größe, um die gesamte Breite der Tür abzudecken.
Kurze Zeit später saßen wir beide im Wohnzimmer. Ich hatte mich quer über den geblümten Sessel fallen lassen, sodass meine Beine auf der einen Seite und mein Kopf auf der anderen Seite hingen. Meine Oma saß auf dem Sofa, den Kopf gegen die Wand gelehnt.
„Das war ein Abenteuer“, meinte sie.
„Abenteuer? Das war die Hölle! Von verrückten Bunnys verfolgt durch die Stadt… so habe ich mir meinen Aufenthalt hier nicht vorgestellt!“
Meine Finger zitterten noch immer. Ich hielt sie mir vors Gesicht und versucht sie dazu zu zwingen sich zu beruhigen. Es half nichts.
„Es kann sein, dass das noch nicht alles war.“
„Was zum Teufel meinst du damit?“
Meine Oma nahm ihren Hut vom Kopf und legte ihn auf dem wohnzimmerischen Wohnzimmertisch ab.
„Ich habe einen guten Bekannten im NaNo-Land. Wir haben uns kennengelernt als der Kaffee im Café der planlosen Schreiber zur Neige ging. Es hat damit geendet, dass wir beide zur Kaffeequelle gegangen sind, um herauszufinden woran es liegt, dass kein Nachschub mehr kam.“
Davon abgesehen, dass ich keine Ahnung hatte was eine Kaffeequelle war und warum das verstopft sein konnte, mochte ich nicht besonders in welche Richtung diese Geschichte ging.
„Nachdem wir das Problem behoben hatten, habe ich angeboten in Bereitschaft zu sein falls noch einmal etwas Ähnliches passieren würde.“
„Das hier ist nicht mal annähernd ähnlich“, widersprach ich.
„Vielleicht nicht, aber ich bin mir sicher er wird sich an mein Versprechen erinnern.“
„Wer?“ Bitte lass es niemanden mit einem seltsamen Namen sein. Bitte lass es niemanden mit einem seltsamen Namen sein. Die brachten nur Unglück.
„Mr. Ian Woon.“
Wieder ein seltsamer Name. So ein Mist.

5 Kommentare:

  1. Geil :D
    Das hat mich grade total an die Oma aus Madagascar erinnert, die den Löwen mit ihrer Handtasche verprügelt... Genauso hab ich mir Oma grade vorgestellt ^^
    Oha, Mr Ian Woon. Auf in die Schlacht, hm?
    Bin gespannt, wie´s weitergeht und will am liebsten gar nicht bis Dienstag warten, bis ich weiterlesen kann... Gnaaaargh, wieso hat mein Freund bloß kein Internet... Das ist nicht fair!

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    1. Ja, so in etwa stelle ich sie mir auch vor. Und der Regenschirm wird sogar noch besser (aber erst in einem Kapitel, das ich gerade geschrieben habe, also weit nach November).

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  2. Hehe das freut mich ja dass meine Pilzizei schon ma dabei ist - mal sehen wer aus letztem und aus diesem Jahr es noch in die Geschichte schafft...

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  3. Also bei Panikgeraden hab ich echt gut lachen können XD Ich sehe schon ich habe den Fehlerthread nicht aufmerksam genug verfolgt <.<

    Die letzte Szene erinnert mich stark an eine Zombieapokalypse ^^

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  4. Aaaah, spannend! :O
    Jetzt will ich doch wissen, was damals passiert ist und wer dieser Ian ist...
    Die Verfolgungsjagd gegen die Bunnys fand ich sehr rasant geschrieben :)

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