„Wurdet
Ihr nicht durchsucht bevor Ihr meinen Theosaal betreten habt?!“
Naja,
ich hatte vielleicht vergessen diese ganz spezielle Tasche zu leeren. Und die
Wachmänner hatten sich vielleicht nicht getraut meine Brusttasche abzutasten.
„Ähm,
das ist Fluffles“, brachte ich nur zur Erklärung heraus.
Nicht
nur der Könling und sämtliche Mitglieder seiner Garde sahen mich an als wäre
ich der Teufel in Person, sondern auch Blue. Er war sogar einen Schritt
zurückgewichen.
„Seit
wann hast du das Vieh schon?“, fragte er ungläubig.
„Das
ist kein Vieh, das ist Fluffles“, herrschte ich ihn an. „Das ist das Bunny, das
du in der schwingenden Stadt k.o. geschlagen hast. Ich konnte es doch nicht
einfach da liegen lassen! Ohne mein Eingreifen wäre es gestorben!“
„Die
Viecher können nicht sterben!“, meinte Blue. „Wann kapierst du das endlich?“
„Können
sie wohl! Du hast Lurz doch gehört! Einige verblassen schneller als andere. Der
hier hätte ohne mich keine Tag mehr überlebt!“, korrigierte ich ihn.
„Das
wäre vielleicht ganz gut gewesen!“, schrie Blue mich an. „Dann wäre es jetzt
ein verdammtes Bunny weniger!“
„Das
ist aber nicht irgendein Bunny!“, schrie ich zurück. „Das ist MEIN Bunny! Das
Bunny, dessen Geschichte ich im November schreiben werde!“
Blue
hatte bereits Luft geholt und mir eine Erwiderung entgegenzuschreien, als sich
der Könling erhob. „RUHE IN MEINEM THEOSAAL!“, brüllte er.
Ich
zuckte zusammen und auch Blue klappte seinen Mund zu. Der Könling wäre eine
beeindruckende Erscheinung gewesen, wenn nicht seine Krone verrutscht gewesen
wäre und ihm über das rechte Ohr hängen würde.
„Dieses
Plotbunny… heißt Fluffles?“ Die Stimme des Könlings zitterte ein wenig und er
klang mehr verdutzt als wütend. Das sah ich mal als gutes Zeichen.
„Ja,
eure Majestät.“
„Und
es tut nichts?“
„Außer
Schlafen und Wortsalat futtern nicht, nein.“ Bei der Erwähnung des Wortsalats
zuckte es in seinem Gesicht, also fühlte ich mich genötigt hinzuzufügen „Aber
den Wortsalat fabriziere ich selbst und es frisst nur den.“
Der
ganze Theosaal hielt den Atem an. Sogar Fluffles hörte auf sich zu putzen und
sah den Könling mit schiefgelegtem Kopf und riesigen Augen an.
„Und
es bleibt nur in deiner Tasche?“
„Ja,
eure Majestät.“
„Dann…“
Er schluckte. „Dann darf es bleiben. Aber wenn ich es nur einziges einmal im
Schloss herumhoppeln sehe, wird es rausgeworfen!“
„Ja,
eure Majestät. Was war nochmal das Problem, das Ihr habt, eure Majestät?“
Jetzt
war ich besser noch höflicher als vorher, sonst wurde Fluffles mir doch noch
weggenommen werden – oder ich mit ihm zusammen rausgeschmissen, denn mein Bunny
aufgeben würde ich bestimmt nicht. Nicht ohne einen Kampf zumindest. Vielleicht
war es doch gut, dass sie mir mein dreiklinkiges Messer weggenommen hatten.
„Mein
Problem. Natürlich“, murmelte der Könling. Er nahm wieder auf seinem Thron
Platz, richtete seine Krone und räusperte sich. „Mein Problem ist, dass mich
jemand umbringen will. Wenn ihr herausfindet wer und ihn aufhaltet, bekommt ihr
euren Besuch in der Schatzkammer.“
Er
versuchte Augenkontakt mit mir zu halten, doch sein Blick huschte immer wieder
zu Fluffles, das gerade ausgiebig gähnte und sich wieder in meiner Tasche
zusammenrollte. Das war ja was. Seine Paranoia war vielleicht gar keine
Paranoia, sondern einfach eine Mischung aus Vorsicht und Furcht. Dann wiederum
war das auch nichts anderes als Paranoia, nur dass diese hier begründet zu sein
schien.
„Einverstanden,
eure Majestät. Dazu müssten wir wissen was bisher passiert ist. Das könnte uns
Hinweise geben mit wem oder was wir es zu tun haben, eure Hoheit.“
Mist!
Jetzt brauchten wir Phoenix. Immerhin war sie hier die Krimiautorin, wie sie
uns erzählt hatte. Ich war im Fantasybereich einzuordnen und Blue ebenfalls.
Aber versuchen mussten wir es wohl, denn Phoenix war in der Horrorgegend.
„Selbstverständlich“,
sagte der Könling. „Nun, beim ersten Versuch vor etwa einer Woche wurde mir
Gift ins Essen gemischt. Das würde glücklicherweise bemerkt, weil die Katze der
Köchin versehentlich einen Bissen davon gegessen hat.“ Er rutschte auf seinem
Thron hin und her. „Ich schulde ihr jetzt eine neue Katze.“
„Es
hat noch mehr Versuche gegeben?“, hakte ich nach.
„Oh
ja. Beinah wäre ein Kronleuchter auf mich gefallen als ich vorüberging, vor
drei Tagen. Zum Glück hat ein Mann meiner Leidgarde mich zur Seite gestoßen. Er
liegt mit gebrochenen Beinen im Krakenhaus in der schwimmenden Stadt, weil der
Kronleuchter ihn erwischt hat.“
Memo
an mich: nichts anfassen was der Könling bekommen würde und niemals länger als
nötig in seiner Nähe sein. Den Begriff „Leidgarde“ ignorierte ich jetzt
erstmal.
„Das
dritte Mal war gestern, als ich mich für einen Spaziergang nach draußen begeben
hatte um das Beet zu inspizieren, das bei einer Plotbunnyattacke zerstört
wurde. Dabei wurde auf mich geschossen.“
„Wer
wurde getroffen?“, rutschte mir heraus bevor ich mir auf die Zunge beißen
konnte.
„Niemand“,
meinte der Könling spitz. „Obwohl der Brunnen beschädigt wurde. Ein Stück vom
Arm der Figur wurde abgeschossen.“
„Also
drei Versuche“, murmelte ich.
Das
hörte sich wirklich an als wollte ihn jemand tot sehen. Außerdem war die
Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Täter es erneut versuchen würde, und zwar
ziemlich bald.
„Alles
klar. Wir werden uns der Sache annehmen und…“
„Bruder!“,
rief plötzlich eine Stimme mit theatralischem Unterton und eine Seitentür flog
auf. „Ich wurde tatsächlich gebeten mich durchsuchen zu lassen!“, beschwerte
sich eine Frau in einem viel zu engen Kleid und mit einer komischen Frisur.
Durch
die Tür hinter ihr lugten die Wachen, die bereits versucht hatten mich zu
durchsuchen, sowie eine Dienerin, die sie anscheinend nach meinem Rat extra für
diese Aufgabe abgestellt hatten.
„Mathilda.“
Das Lächeln des Könlings wirkte gezwungen. „Das sind nun mal die
Vorsichtsmaßnahmen, die für alle gelten. Auch für dich, selbst wenn du meine
Schwester bist.“
„Aber
es ist so demütigend“, stöhnte die Frau und griff sich in gespielter Verzweiflung
an den Kopf. „Vor allem, weil das mein neuen Kleider sind! Die haben einige
Schnitter extra für mich angefertigt!“
„Frau
Gräfin“, grüßte der Wachmann, der ihr am nächsten stand und verbeugte sich
knapp.
Die
Gräfin lächelte nur hoheitsvoll und strickte ihre schwarzen Haare zurück. Jetzt
erst bemerkte ich, dass die Nadel in ihrem Haar keine Haarnadeln, sondern
Stricknadeln waren und die Frisur kunstvoll gestrickt war. Die Gräfin tat dies
ohne ihre Finger sehen zu können und steckte sich danach die Nadeln wieder in
einen dichten Teil ihrer Haare. An ihrem Arm baumelte eine riesige schwarze
Tatasche, die ich deshalb erkannte, weil sie in Schreibstadt nur in den
teuersten Läden angeboten wurde. In die hatten meine Oma und ich mich nicht
einmal hineingewagt als wir am Morgen meiner Ankunft daran vorbeigelaufen
waren.
Nun
bemerkte sie Blue, mich und Freundschaf. Besonders Freundschaf bekam einen
angeekelten Blick ab. „Wer ist das?“, fragte sie mit spitzer Stimme.
„Die
Menschen – und das Schaf – die herausfinden werden wer versucht mich
umzubringen, meine Liebe“, erklärte er mit einem falschen Lächeln im Gesicht.
„Aha.
Und wenn sie es nicht schaffen landen sie im Geföhnnis, ja?“
„Aber
nein! Das sind persönliche Freunde von Mr. Ian Woon!“
Der
Könling sah ehrlich schockiert von dem Vorschlag aus, was ihn mir sofort wieder
sympathischer machte. Ich wollte garantiert nicht in einem Geföhnnis landen, was
auch immer das war. Darunter stellte ich mir sofort einen Raum vor, in dem so
viel Wind herrschte, dass man ihn unmöglich verlassen konnte. Darauf den
kennenzulernen konnte ich verzichten.
„Naja“,
meinte die Gräfin. „Mr. Ian Woon ist auch nicht mehr der Jüngste.“
„Was
soll das heißen?“ Ein gefährliches Funkeln war in die Augen des Könlings
getreten, was auch die Gräfin bemerkt hatte. Sie wurde ein wenig kleiner in
ihrem Schnitterkleid. „Er ist immer noch der König des NaNo-Landes.“
„Aber
natürlich ist er das“, lächelte sie entschuldigend. „Dann lasse ich dich und
deine… Gäste“ Sie rümpfte die Nase „mal in Ruhe. Ich wollte nur sehen wer so
wichtig ist, dass du die erste Besprechung seit einer Woche zugelassen hast.“
Sie
knickste kurz, einer der Männer hielt ihr die Tür auf und schon war sie aus dem
Raum gedackelt. Es herrschte kurz Stille. Dann…
„Meine
Schwester“, sagte der Könling fast entschuldigend.
„Kein
Problem. Ich habe auch eine“, lächelte ich. Auch wenn meine keine hochnäsige
Schnepfe war. Aber das sagte ich lieber nicht laut.
„Du
da.“ Der Könling deutete auf den Wachmann, der uns am nächsten stand. „Zeig
meinen Gästen alles was sie im Schloss sehen wollen und erklär ihnen alles was
sie wissen wollen. Führe sie bitte auf die besten Zimmer.“
Der
Wachmann nickte.
„Der
Rest der Leidgarde: Folgt mir!“
Der
Könling erhob sich und sofort scharte sich seine Leidgarde um ihn. Mit
erhabenen Schritten verließ er den Thronsaal. Das einzige, was seinen Abgang
ruinierte war der Satz, den wir hörten kurz bevor die Tür hinter ihm ins
Schloss fiel.
„Und
bringt mir den Hoftechnikfritzen! Dieses Smartphone macht mich noch
wahnsinnig!“
Interessant das Fluffles verschont wird... aber wer kann zu diesen Augen schon nein sagen.
AntwortenLöschen